Frank-Markus Barwasser alias Erwin Pelzig feierte in Bamberg Premiere
Nun reiht sich auch Frank-Markus Barwasser ein in die Reihe der Künstler mit einem erfolgreichen Comeback. In Bamberg präsentierte er sein neues Bühnenprogramm „Weg von hier“, in dem er vor allem in seinen Paraderollen als Stammtisch-Trio brillierte. Erstaunlicherweise blieb nach dem Abend aber auch die Erkenntnis, dass selbst ein 57-jähriger Routinier noch Lampenfieber kennt.
Zurück zu den Wurzeln
„Ich starte da, wo einmal alles begonnen hat“, begrüßte Kabarettist Barwasser als Erwin Pelzig die Bamberger in der ausverkauften Konzerthalle. Schließlich startete der gelernte Journalist zu Beginn der 1980er Jahre seine Karriere am hiesigen Marionettentheater, alsbald gefolgt von ersten kabarettistischen Auftritten und Radio-Glossen für den Bayerischen Rundfunk. Nach seinem Ausstieg 2013 aus der „Anstalt“ im ZDF und dem Ende der Sendung „Pelzig hält sich“ 2015 lief im letzten Jahr auch die Tour „Pelzig stellt sich“ aus, mit der Barwasser seit 2012 durch die Republik tourte, und auch in Bamberg Station machte.
Es geht weiter – und weg
Nach einer kurzen Schaffenspause geht es nun also weiter, und zwar „Weg von hier“. Es ist ein grandioses Programm, intensiv vorgetragen, das den Zuschauer an die Grenzen seiner Aufnahmefähigkeit führt. Und doch merkte man Barwasser durchaus an, dass es sich um die Premiere handelte. Nicht jeder Gag saß, manchmal holperten die Zusammenhänge und am Ende schien der Hauptakteur nicht unglücklich, den Abend hinter sich gebracht zu haben. Immerhin zählen Pelzig und damit auch Barwasser in wenigen Tagen 57 Lenze – eine große Leistung, hier zwei Stunden hochgeistiges Kabarett im Stakkato-Takt zu absolvieren.
In Bestform am Stammtisch
Zur Hochform lief der Franke vor allem bei seinen Paraderollen und -themen auf. Bei den Rollen ist es vor allem das Stammtisch-Trio aus dem Weißbier-Bayern Hartmut, dem Rotwein-Preußen Dr. Göbel und dem Handtaschenschwenker Erwin Pelzig, das den Zuschauer schwindlig argumentierte. Im Sekundentakt wechselte Barwasser die Rollen und Stimmen, präsentierte messerscharfe Schlussfolgerungen und führte vor allem die aktuelle Tagespolitik immer wieder ad absurdum. Dazu gehörten auch die sozialen Medien und ihre Auswüchse, oder wie Pelzig sagte: „Das Ausrufezeichen ist das Maschinengewehr des kleinen Mannes.“
Die drei Walt Disneys
Der Wechsel der Sichtweise stand am Abend noch öfters im Fokus, vor allem, wenn Pelzig die „Walt Disney-Methode“ anwandte. NLP-Trainer Robert Dilts postulierte im letzten Jahrhundert, dass der Zeichentrick Pionier Disney aus drei Persönlichkeiten bestand: Dem Träumer, dem Pessimisten und dem Realisten. Mithilfe von drei Stühlen und drei Schein-Identitäten wechselte auch Pelzig immer wieder die Perspektive und ging beispielsweise das Thema „Robotisierung der Gesellschaft“ aus diesen drei Positionen an.
Populistisch gegen Populismus
Auch wenn Barwasser dabei nicht immer den Stuhl an die richtige Stelle und die Stimme in die passende Lage brachte, gab es doch überraschende Erkenntnisse und natürlich auch viele Pointe, die das Publikum anhand der drei Sitzgelegenheiten erlebte. Etwas schade war, dass gerade bei der Anprangerung des Populismus auch Pelzig quasi populistische Platitüden benutzte, beispielsweise beim an sich berechtigten Thema SUV. Dadurch tappte er selbst in die gescholtene Falle und büßte an manchen Punkten Glaubwürdigkeit ein. Vielleicht musste das Bühnenprogramm einfach auch schneller fertig werden, als es der Meister des schnellen Wortes zu Papier bringen konnte.
Pelzig ist wichtig
Insgesamt wie gesagt ein weiterer denkwürdiger Pelzig-Abend, der eindeutig vor Augen führte, wie sehr die heutige Gesellschaft kabarettistische Feingeister wie Markus Barwasser braucht. Denn vor allem das Postulat der Vernunft, das Pelzig immer wieder aufstellte, und die Veränderung der Sichtweise würden so manchen Akteuren der heutigen Zeit gut tun – vom der Regierungsmannschaft bis zum Montag-Abend-Mob.