Sommerproduktion zeigt „The Purple Rose of Cairo“ in transmedialer Form
Mit „The Purple Rose of Cairo“ von Woody Allen zeigt Bambergs Theater im Gärtnerviertel (TiG) eine transmediale Liaison zwischen Film und Schauspiel. Regisseurin Nina Lorenz macht den Kinosaal, die Leinwand und den Innenhof des Odeon zur Bühne.
Tom Baxter hat nach „über 2000 Veranstaltungen immer derselben Routineveranstaltung“ genug. Was die Kinder der 1980er aus einem Actioner mit Arnold Schwarzenegger kennen, passiert im theatralen Rahmen des Bamberger TiG wirklich. Gerade noch im Film der „Garden Quarter Pictures“ (Kamera: Klaus Barnickel) aktiv auf der Leinwand mitwirkend, taucht Baxter in persona von Benjamin Bochmann leibhaftig vor dem Publikum im Saal auf.
Der Grund ist eine hübsche Frau: Cecilia. Heidi Lehnert mimt das kinoverrückte love interest der zur Realität gewordenen Fiktion. Während die übrigen Darsteller auf der Leinwand erbost über den Ausfall aus der Rolle sind und die filminterne Handlung gehörig durcheinandergewirbelt wird, hat es Baxter nun mit allerhand kleinerer und größerer Probleme zu tun. Sie sind einerseits trivial (Hunger, die Dinner-Szene kommt schließlich erst später im Film/fehlende Abblende), andererseits handfest: Der Nacho-Mann will das Filmgeld nicht akzeptieren und Cecilias Noch-Ehemann verteidigt seine Angetraute mit den Fäusten. Martin Habermeyer agiert hier wandlungsfähig in zwei seiner Rollen. Nur gut, dass der „Poet, Forscher und Abenteurer“ Baxter gemäß dem Drehbuch schmerzfrei ist.
Nicht im Drehbuch steht dagegen die Begegnung mit seinem realen Alter Ego, dem Schauspieler Gil Shepard (ebenfalls Bochmann). Während er versucht, die von ihm geschaffene Figur auf die Leinwand zu bannen und dem fiktional-real gewordenen Doppelgänger zum Trotz Cecilia zu erobern, gefällt Stephan Bach als Tausendsassa: Er stellt während der zwei Stunden Spielzeit unter anderem einen windigen Agenten, Regisseur Raoul Hirsch, eine Hure sowie einen blinkenden Spielautomaten dar. Requisiten scheinen bei zwei Spielebenen nicht mehr nötig. Die Kostüme unterstreichen den darzustellenden Charakter trefflich.
Woody Allen steht Pate – Aufführungen im Odeon bis Mitte Juli
Die Sommerproduktion des TiG kann in Anwendung von Woddy Allens Vorlage aus dem Jahr 1985 als Paradestück angewandter Transmedialität gesehen werden. Wenn Bochmann vom Film in den Kinosaal springt und Lehnert den Innenhof des Kinos verlässt, um augenblicklich unter den neugierigen Blicken der Filmschauspieler in den auf der Leinwand gezeigten Streifen „hineinzulaufen“, ist das großes (Schauspiel-)Kino.
Flankiert wird die Darbietung durch häufige Interaktionen der anwesenden Schauspieler mit ihren emotionalen Pendants auf der Leinwand (Aline Joers, Ursula Gumbsch, Elena Weber, Olga Seehafer, Felix Pielmeier u. a.) sowie selbstironischen Noten über die Grenzen von Schauspielkunst, Prominenz und Hollywood.
Weitere Spieltermine von „The Purple Rose of Cairo“ von Woody Allen nach der Bühnenfassung von Gil Mehmert finden Sie hier.