Eine Veranstaltung der IKG macht deutlich, wie wichtig das Amt des neuen Antisemitismusbeauftragten ist
„Bamberg – eine Stadt gegen jeden Antisemitismus“ lautete der Titel einer Veranstaltung, zu der die Israelitische Kultusgemeinde (IKG) Bamberg K.d.ö.R. jüngst in den Spiegelsaal der Harmonie eingeladen hat. Es war der erste öffentliche Auftritt für Bambergs Antisemitismusbeauftragten Patrick H.-J. Nitzsche, der im Januar vom Stadtrat bestellt worden war.
Und so war der Nachmittag eine Art Auftaktveranstaltung für den 30-jährigen Beauftragten, der mit den besten Wünschen für sein herausforderndes Amt von den Rednern geradezu überhäuft wurde. Den Anfang machte der Gastgeber Martin Arieh Rudolph. Der IKG-Vorsitzende schätzt an Nitzsche, „dass er als Historiker ein fundiertes Hintergrundwissen“ mitbringt. Außerdem sei er als „einziger Bewerber von sich aus in die Gemeinden gekommen und hat sich vorgestellt“. Rudolph wünschte ihm ein „glückliches Händchen für seine mannigfaltigen Aufgaben“. Denn: Auch, wenn der Austausch zwischen Juden, Christen und Muslimen in Bamberg äußerst wertschätzend verlaufe, so sei Antisemitismus auch hier wie in ganz Deutschland erkennbar – zum Beispiel in Form von kulturell unterlegter Judenfeindlichkeit oder bewusstem Desinteresse am Judentum. Für Rudolph steht fest: „Antisemitismus in Deutschland ist so vielfältig wie es die Gesellschaft des Landes ist. Er lässt sich in jeder politischen Ecke finden.“
Oberbürgermeister Andreas Starke zog eine Verbindung zum Jahrestag des Kriegsendes unlängst am 8. Mai. „Nie wieder Krieg und nie wieder Ausschwitz gelten als die wichtigsten Prinzipien für unser Zusammenleben“, betonte das Stadtoberhaupt. Antisemitismus sei auch in Bamberg spürbar. Nur mit Erinnerungskultur werde man ihm nicht beikommen. „Wir brauchen den gesellschaftlichen Schulterschluss, der weit in die Bevölkerung hineingetragen werden muss“, formulierte Starke auch eine Aufgabe für Nitzsche.
Uneingeschränkte Unterstützung
Die Fäden seiner Vorredner griff Dr. Ludwig Unger auf. Der Mitarbeiter und Vertreter des Bayerischen Antisemitismus-Beauftragten Dr. Ludwig Spaenle verwies auf den Anstieg antisemitischer Straftaten einerseits und das höhere Bewusstsein andererseits, sich dagegen zu Wehr setzen zu müssen. Nitzsche versicherte er die uneingeschränkte Unterstützung von Spaenles Geschäftsstelle. Oberstleutnant Armin Wunder, der Leiter des Kreisverbindungskommandos Bamberg-Stadt, wünschte Nitzsche viel Erfolg für dessen „Arbeit für viel, viel mehr Menschlichkeit“.
Dann traten vorübergehend zwei andere Männer in den Mittelpunkt: Zunächst Hauptkommissar Christian Barth, stellvertretender Leiter des Staatsschutz-Kommissariats in Bamberg, der in Abwesenheit als wichtiger und aufgeschlossener Ansprechpartner für die jüdischen Gemeinden ausgezeichnet wurde. Und dann Schauspieler Gerd Buurmann, der mit seiner rund eineinhalbstündigen Ein-Mann-Performance „Der Nathan-Komplex“ das Publikum sichtlich berührte. Der Künstler brachte die Thematik des Nachmittags eindringlich auf den Punkt: „Wenn du Antisemitismus wahrhaftig bekämpfen willst, musst du auf die dunkle Seite deines Herzens schauen.“
Jüngste Vorfälle in Bamberg
Am Ende gehörte Patrick H.-J. Nitzsche selbst das Wort, der sich sogleich für Buurmanns Performance bedankte und auf die Kernbotschaften des Kammerspiels Bezug nahm: „Es ist kein einfaches, kein leicht zu verdauendes Stück. Genauso wie Antisemitismus nicht einfach oder angenehm ist. Wir als Einzelpersonen im Publikum, und als vernetzte Teile unserer Gesellschaft müssen bei uns anfangen und uns gezielt von unserem Umfeld ausgehend nach vorne arbeiten, um unseren eigenen und den Antisemitismus im Gemeinwesen präventiv zu bekämpfen.“ Nitzsche brachte anschauliche Beispiele von jüngsten Vorfällen, wo sich der Nathan-Komplex und Antisemitismus hier in Bamberg äußerten. „Solche Fälle zeigen, dass nicht ein Beauftragter allein Herr des Antisemitismusproblems werden kann. Ich danke allen, die heute hier sind und mich bei dieser Arbeit unterstützen sowie denen ich als Ansprechpartner und Vertrauensperson für die Sache dienen kann. Es braucht uns alle als Querschnitt durch die Stadtgesellschaft, die gemeinsam mit den Jüdinnen und Juden das jüdische Leben in unserer schönen Stadt schützt und so unser ganzes Zusammenleben in Bamberg weiter voranbringt. Dies ist meine Motivation!“