Traurige Bilanz eines der schönsten Feste in Bamberg
Egal, wohin man dieser Tage kommt, Stadtgespräch ist derzeit das mitunter gähnend leere, mit Security überfrachtete, Eintritt kostende „Canalissimo“ vom Wochenende. Klar, dass dadurch Beschaulichkeit und Feiercharakter verloren gingen und die Einnahmen vom Veranstalter und von den Standbetreibern zu wünschen übrig ließen. Nachdem viele Bürger in Unterhaltungen und auf Medienkanälen ihrem Unmut Luft machten, hat die Stadtverwaltung mittlerweile reagiert. Bürgermeister Dr. Christian Lange kündigte deshalb eine Einladung zu einem „Runden Tisch“ mit Veranstalter, Anwohnern und Verwaltungsvertretern an. Fragen nach der Höchstbesucherzahl, wie man zu diesen zweifelhaften Kennwerten generell kam und auch nach dem Eintrittsgeld sollen dort genauso debattiert werden wie die Fortführung 2020.
Zum Auftakt am Donnerstag, war – im Gegensatz zu den Vorjahren – mit etwa 1.300 Besuchern relativ wenig auf „Canalissimo“ los. Es sah fast so aus, als hätten sich ein paar Leute auf das Fest verirrt. Auch am Freitag und Samstag waren gegen 19 Uhr noch über die Hälfte der Tische und Bänke frei, wobei sich aber an allen neun Eingängen Schlangen von bis zu fünfzig Metern bildeten. Am Sonntag tat der Himmel mit lang anhaltendem Regen seine Trauer kund, was schließlich auch die letzten Gäste nachmittags vertrieb.
Man darf also mit Spannung darauf warten, welche Schlussfolgerungen die Verantwortlichen aus dem diesjährig feierlich und wirtschaftlich nicht sehr geglückten Veranstaltungsablauf ziehen und ob es im kommenden Jahr überhaupt eine Wiederauflage von „Canalissimo“ geben wird. Bis dahin erhitzen sich aber die Gemüter.
Meinungen und Retrospektiven
Werner Richter, Geschäftsführer vom Café Abseits, ist Mitgründer von „Canalissimo“ und unterhält einen Mönchsambacher Bierstand auf dem Fest. Er war vor Tom Land die letzten fünf Jahre verantwortlicher Veranstalter.
Kritikpunkt I: Besucherzahl
„Man hätte die Besucherzahl genauer ermitteln müssen – 1.800 ist nicht realistisch, das Gelände verträgt 4.000 Gäste. Mit einer solchen Zahl hätten die Standbetreiber nicht so viele Einbußen wie in diesem Jahr gehabt. Aus internen Gesprächen weiß ich, dass gerade die Essensstände enorm draufgelegt haben. Von 50 bis 80 Prozent weniger Einnahmen sprechen meine Kollegen. Außerdem ist ein Security für 150 Besucher in meinen Augen nicht verhältnismäßig. Insbesondere bei anderen großen Innenstadt-Festen ist bei weitem nicht so viel Sicherheitspersonal in Relation zur Besucherzahl unterwegs.“
Kritikpunkt II: Kosten und Kurzfristigkeit
„Der Beschluss, dass es die diesjährigen Änderungen gibt, wurde viel zu spät öffentlich gemacht. Dieses Phänomen zieht sich übrigens seit meiner Veranstalterzeit durch die Vorbereitungen. Die Auflagen wurden von Jahr zu Jahr verschärft. Angekündigt werden sie aber immer später, meistens erst circa vier Wochen vor dem Fest. Ich weiß aus eigener Erfahrung, dass der Veranstalter kalkulieren muss und daher Zahlen braucht – und zwar bevor die Verträge für die Standbetreiber herausgehen. Denn auch die Budenbesitzer müssen kalkulieren. Dieses Jahr sind die meisten Betreiber ins offene Messer gelaufen. Nachforderungen, wie sie es beispielsweise letztes Jahr gab, verstehen nicht alle und derartiges sollte es generell nicht geben.“
Fazit
„Wir haben es über die Jahre hinweg geschafft, ‚Canalissimo‘ langsam aufzubauen. Es ist ein wunderschönes Fest für Bamberger, und es kommen auch viele Gäste von außerhalb. Auf dem Gelände am linken Regnitzarm herrscht einfach eine tolle Atmosphäre mit Essen, Trinken und Live-Musik. Es ist schlicht und ergreifend extrem schade, wenn es das Fest möglicherweise nächstes Jahr nicht mehr gibt, weil die Stadt in meinen Augen nicht richtig reagiert. Wenn der ‚Runde Tisch‘ zustande kommt, würde ich mich über eine Einladung freuen, um so mitzuhelfen, das Fest am Leben zu erhalten.“
Und was sagt Jofrey Kollmann, Anwohner (siehe Artikel „Ist ‚Canalissimo‘ noch lukrativ?“)?
„Unterm Strich war ‚Canalissimo‘ 2019 ein Desaster. Alles in allem hat die Stadt mit ihren Zwangsauflagen es wieder einmal geschafft, ein wunderschönes Fest der Bamberger kaputt zu machen. Steht nicht ‚Stadtmarketing‘ auf dem Fest, hat es in Bamberg scheinbar nichts verloren – traurig aber wahr.“